Wozu brauchen wir eine Zeitschrift?

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Luigi Fiumara

Das IFMA entstand in einer Zeit – Ende der 80er Jahre – die Fast als Kulmination der Popularität der anthroposophisch inspirierten organischen Architektur – symbolisiert durch den Hauptquartier der ING-Bank in Amsterdam, durch die Gestaltung der Züge der Deutschen Bahn seitens des Büros BPR und durch das Rudolf-Steiner Seminar in Järna – bezeichnet werden kann. Die Größe, die Menge und die Bedeutung der von anthroposophischen Architekten ausgeführten Projekte sorgten für ein breites Interesse im Bezug auf ihren Ansatz. In einer solchen Lage, war das Bedürfnis nach Austausch und Vertiefung selbstverständlich, und das IFMA bot eine Plattform dafür. 

Heute sind wir in einer fast polare Situation, wo selbst anthroposophische Institutionen oft wenig Interesse oder gar Ablehnung der organischen Gestaltung gegenüber zeigen, und wo die Entwicklung der Vorschriften und der Wirtschaft oft zu großen Einschränkungen der Freiheit im Entwerfen führen. Dementsprechend sind die Auftragslage und die Anzahl und Qualität der realisierten Projekte im Bereich der organischen Architektur viel bescheidener, als in den 80er und 90er Jahren. Es stellt sich daher natürlicherweise die Frage, in wie weit und mit welchen Zielsetzungen ein Austausch zu den Fragen der organischen Gestaltung aktuell und interessant sein kann. Auch das Fortbestehen einer Zeitschrift wie M+A ist in einer Zeit, wo neue bedeutsame organische Bauten nur selten entstehen und gezeigt werden können, nicht selbstverständlich. 

Anders gesehen, ist vielleicht gerade in einer solchen Krisenzeit wichtig, die Möglichkeit zu haben, sich über die Grundlagen und die zukünftige Entwicklung eines ideellen Ansatzes auszutauschen, um gemeinsam neue Wege der Entfaltung eines Impulses zu erforschen. 

In diesem Sinne ist es von großer Bedeutung auch kleine Versuche, die auf die heutigen Herausforderungen zu antworten versuchen, wahrzunehmen und zu besprechen, denn in ihnen können die Samen für neue Herangehensweisen liegen. Je mehr solche kleine – und vielleicht äußerlich gesehen im Vergleich zu früheren prächtigen Erscheinungen unbedeutende – Beispiele ans Licht treten werden, desto einfacher sein wird, für andere Architekten daran anzuknüpfen, um neue Arbeitsformen zu entwickeln.

Ein weiteres Phänomen, das zur Wichtigkeit einer Austauschplattform beiträgt, ist das immer häufigere Entstehen von interessanten  Beispielen von organischer Architektur in Ländern und Kontinenten, die früher unter diesem Gesichtspunkt nichts anzubieten hatten. Gleichzeitig werden Gebiete, wo in der Vergangenheit Vieles entstanden ist, weniger aktiv. Eine Folge davon ist die immer weitere Differenzierung der Erscheinungen und der Arbeitsweisen, je nach Umgebung und Kultur. Wir als Redaktion hoffen sehr, dass das neue Online-Format einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung eines globalen Bewusstseins über die Lage und die Errungenschaften der organischen Bewegung leisten kann. Das wird um so mehr gelingen, wenn aus verschiedenen Weltecken auch spontane Berichte über Projekte und Veranstaltungen zufliessen werden. 

Die in der Webseite eingebaute Möglichkeit der automatisierten Übersetzung von Inhalten soll dazu dienen, Sprachbarrieren in alle Richtungen, sowohl für die Leser als auch für die Autoren, zu überwinden. Insgesamt werden die Artikel – im Vergleich zu einem gedruckten Medium – weniger Anspruch auf Perfektion haben, zugunsten von Spontanität und Vielfalt. 

Unserer Wunsch wäre, der Kreis der Mitwirkenden und Mitschreibenden, eher nach dem Vorbild eines Forums als nach demjenigen einer traditionellen Zeitschrift, fortwährend zu erweitern. Fühlen Sie sich also nicht nur als Leser, sondern auch als Mitgestalter des neuen Mediums, und senden Sie bitte uns alle Materialien – auch wenn nur Bilder eines wenig bekannten Projektes, das Sie zufällig gesehen haben – die Sie als potentiell interessant für andere schätzen. Zu viel wird es nicht werden!

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